2023-12-11

Customer Journey - oder warum viele Kunden die Reise zu Ihnen gar nicht erst antreten oder abbrechen

Customer Journey - oder warum viele Kunden die Reise zu Ihnen gar nicht erst antreten oder abbrechen
 
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Key Account

Die eine Seite des Marketings besteht darin, zu entscheiden, wie Sie als Unternehmen Ihre Produkte und Dienstleistungen anbieten. Auf der anderen Seite gilt es abzuschätzen, wie der Kunde den Betrieb und dessen Leistungen wahrnimmt, bzw. wie er den Weg in Ihren Betrieb findet. Wie dieser Weg aussehen kann, beschreibt die sogenannte Customer Journey.

Die Customer Journey stellt modellhaft dar, wie und wo sich Kunden über ein Produkt informieren, bzw. welche Berührungspunkte es mit einem Unternehmen geben kann. Die Schwierigkeit besteht darin, dass nicht alle Kunden die gleichen Bedürfnisse haben oder nach den gleichen Problemlösungen suchen. Das macht erfolgreiches Marketing herausfordernd, zumal sich die Werbemöglichkeiten durch die Digitalisierung vervielfacht haben aber die Budgets dafür eher kleiner werden. Dennoch ist das Modell sehr hilfreich, gerade für die Marketingjahresplanung.
Grundsätzlich gilt: Je höher der Wert des Produkts oder der Dienstleistung, desto länger ist die Customer Journey. Denn bevor ein Kunde viel Geld ausgibt, informiert er sich in der Regel umfassend über seine Investition.
Der Gartenbauer Markus* fragt seine Kunden konsequent, wie sie zu ihm gekommen sind und warum sie ihm den Auftrag erteilt haben. Dabei ist ihm aufgefallen, dass sich die meisten seiner Kunden über einen längeren Zeitraum, teilweise über ein Jahr, informiert haben. Dabei haben sie verschiedene Angebote geprüft, verglichen und die Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen. Viele seiner Kunden haben positiv hervorgehoben, dass er eine sehr informative Website mit guten Referenzen hat, wo sie sich ein gutes Bild des Leistungsspektrums machen konnten.
Für die Endverkaufsgärtnerin Martina* ist es etwas schwieriger, ein konkretes Feedback von ihren Kunden zu bekommen, warum sie bei ihr einkaufen: Viele kennen sie schon lange; es ist einfach die Gärtnerei in der Nähe, bei der man einkauft. Und trotzdem geht die Frequenz laufend zurück.

Die meisten Marketingmassnahmen, welche KMUs planen, setzen den Hebel bei der Kaufentscheidung an. Das heisst, man plant eine Marketingaktion und erwartet einen direkten, messbaren Nutzen daraus. Das ist so, als würde man etwas säen und nach ein paar Tagen ernten. Für bestimmte Produkte/Dienstleistungen mag das funktionieren, aber wie beim Gärtnern bringen Geduld und kontinuierliche Pflege einen vielfältigen Ertrag.
Denn oft wird unterschätzt, dass sich die Bedürfnisse und das Wissen einer Gesellschaft ständig ändern. Die Corona-Pandemie hat dies deutlich gemacht. Die Menschen verbrachten plötzlich mehr Zeit zu Hause, was teilweise völlig neue Bedürfnisse schuf. Gerade bei neuen Bedürfnissen wissen die Kunden oft nicht, wie sie diese befriedigen können.

Auf Produkte und Dienstleitungen aufmerksam machen: Was wird angeboten? | Was ist speziell? | Warum soll der Kunde zu Ihnen kommen (Auswahl, Spezialitäten, grosse Erfahrung)? 
Auf Produkte und Dienstleitungen aufmerksam machen:
Was wird angeboten? | Was ist speziell? | Warum soll der Kunde zu Ihnen kommen (Auswahl, Spezialitäten, grosse Erfahrung)?
Service Phasen: Bei Maschinen, zum Beispiel: erster Service gratis | Erster Pflegegang bei einem neuen Garten inklusive | Pflanzendoktor | Garantien auf Pflanzen (Anwachsgarantie) 
Service Phasen: Bei Maschinen, zum Beispiel: erster Service gratis | Erster Pflegegang bei einem neuen Garten inklusive | Pflanzendoktor | Garantien auf Pflanzen (Anwachsgarantie)

Wahrnehmung
In dieser Phase geht es darum, die Kunden auf ein Produkt oder eine Dienstleistung aufmerksam zu machen. Gerade bei neuen oder weniger bekannten Produkten oder Dienstleistungen ist es wichtig, diese bekannt zu machen. In dieser Phase geht es um Emotion und Information. Eine Branche, die das sehr gut beherrscht, ist die Automobilindustrie. Dort werden neue Autos mit sehr aufwändigen Kampagnen vorgestellt.
Eine der grössten Fehleinschätzungen von KMUs ist die Ansicht, dass der Kunde das Unternehmen kennt und schon alles weiss, wenn etwas ein paar Mal kommuniziert wurde. Das ist definitiv nicht der Fall. Im Gegenteil, durch die enorme Informationsflut verliert jede einzelne Information an Wert. Deshalb ist es entscheidend, die wichtigsten Punkte immer wieder zu kommunizieren, idealerweise über verschiedene Kanäle.
Während der Corona-Pandemie zum Beispiel ist der Bedarf an Zimmerpflanzen extrem gestiegen, da die Menschen viel Zeit zuhause oder im Homeoffice verbrachten und feststellten, dass etwas fehlt. Das Bedürfnis nach Zimmerpflanzen wuchs. Weiss die Kundschaft in dieser Situation jedoch nicht, dass Martina ein grosses Angebot an Zimmerpflanzen hat, werden die Pflanzen anderswo gekauft.
Wer sich intensiv mit seinen Kunden austauscht, wird oft erstaunt feststellen, dass die meisten Kunden gar nicht wissen, was man alles anbietet.

Überlegungsphase
Ist der Bedarf erst einmal da, will er natürlich auch befriedigt werden. In der Überlegungsphase geht es darum, dass der Kunde verschiedene Angebote vergleicht und überlegt, was am besten zu ihm passt. Er sammelt Informationen und vergleicht die Möglichkeiten. Auch spezielle Angebote werden in die Überlegungen einbezogen. Um in dieser Phase zu punkten, lohnt es sich, den Kunden nach seinen wichtigsten Entscheidungskriterien zu fragen. Wie bereits im ersten Artikel erwähnt, ist es nicht immer nur der Preis. Vielleicht kann man mit ganz anderen Kriterien punkten.
Auch in dieser Phase gilt: Je höher die geplanten Ausgaben, desto länger und intensiver dauert die Überlegungsphase.

Kaufentscheid
Letztlich ist für jedes Geschäft entscheidend, dass sich der Kunde zu einem Kauf oder einer Bestellung entschliesst. Die beliebteste Methode, einen Kauf auszulösen, sind Rabatte und andere Vergünstigungen. Diese wirken in der Regel aber eher kurzfristig und lassen sich relativ gut messen.
Martina hat erkannt, dass regelmässige Rabatte ihre Kunden preissensibel gemacht haben und die Diskussionen um Rabatte stark zugenommen haben. – Ein Teufelskreis, der nur schwer zu durchbrechen ist.
Dabei kann ein Fachgeschäft gerade in dieser Phase punkten. Denn oft hat der Kunde eine konkrete Vorstellung von dem, was er will, vergisst dabei aber vielleicht wichtige Artikel, die ebenfalls benötigt werden. Zum Beispiel für einen Bewässerungscomputer benötigt man in der Regel eine Batterie, oftmals eine viereckige Batterie, die nicht gerade haushaltsüblich ist. Deshalb muss es selbstverständlich sein, den Kunden danach zu fragen. Mit etwas Übung und guter Schulung der Mitarbeitenden geht das relativ einfach und bringt einen grossen Mehrwert für den Kunden und letztlich auch für das Unternehmen.
Viele Verkäufer haben Hemmungen, Zusatzverkäufe vorzuschlagen. Dabei sind die meisten ein Service für den Kunden, denn viele informieren sich beim Kauf nicht so genau und wissen gar nicht, was sie alles brauchen. Und gerade am Beispiel der Batterie kann es für den Kunden sehr ärgerlich sein, wenn er die Bewässerung in Betrieb nehmen will und dann feststellt, dass er eine Batterie braucht, die er nicht hat und die er nun erst organisieren muss.
Für Markus ist die Kaufphase natürlich sehr zentral, denn in dieser Phase entscheidet sich, ob sein Angebot erfolgreich ist oder nicht. Daher kann diese Phase auch etwas länger dauern und mit vielen Fragen und Anpassungen verbunden sein.

Servicephase
Insbesondere bei grösseren Investitionen ist die Servicephase ein oft unterschätzter Punkt. Die Kunden wollen wissen, wie sie beispielsweise den Garten pflegen müssen, wo sie Ersatzteile für den Mähroboter bekommen oder wer ihnen Auskunft geben kann, wenn die Pflanzen nicht richtig anwachsen.
Viele dieser Fragen fliessen bereits in die Überlegungsphase ein. Deshalb ist es für potenzielle Kunden wichtig, schon in der Überlegungsphase zu sehen, welche Serviceleistungen Sie anbieten und wie Sie Ihre Kunden auch nach dem Kauf unterstützen. Das gibt ein gutes Gefühl und kann die Kaufentscheidung massgeblich beeinflussen.

Loyalität
Diese Phase hat aus Unternehmenssicht ein grosses Potenzial und wird dennoch gerade bei KMU und auch in der Grünen Branche zu wenig genutzt. Dabei ist es deutlich günstiger, bestehende Kunden zu pflegen, als immer wieder neue Kunden zu gewinnen. Eine gute und aktuelle Adressdatenbank ist ein wertvolles Kapital für jedes Unternehmen. Es gibt heute zahlreiche einfache Systeme für Kundenkarten, Adressverwaltung, Newsletter etc., die auch für kleine Unternehmen handhabbar sind.
Nutzen Sie dieses Potential und treten Sie regelmässig mit Ihren Kunden in Kontakt und informieren Sie diese über Neuigkeiten, Bewährtes, Veranstaltungen und Trends. Diese Infos geben immer einen guten Anlass um die bestehenden Kunden zu belohnen.
Bei der Belohnung denkt man oft viel zu grosszügig und meint, man müsse hohe Rabatte auf das gesamte Sortiment geben. Dabei wirken kleine Geschenke oft viel nachhaltiger und sind für die Unternehmen viel günstiger. Überraschen Sie Ihre Kunden mit kleinen Aufmerksamkeiten.

Kundentreue belohnen: Geburtstagsgeschenk | Rückvergütungen | spezielle Angebote und Veranstaltungen nur für Kunden | persönliches Schreiben zum Jahreswechsel | regelmässiger Informationsaustausch, Newsletter, Kundenzeitschrift 
Kundentreue belohnen: Geburtstagsgeschenk | Rückvergütungen | spezielle Angebote und Veranstaltungen nur für Kunden | persönliches Schreiben zum Jahreswechsel | regelmässiger Informationsaustausch, Newsletter, Kundenzeitschrift

Eine Reise mit vielen Unterbrüchen
Häufig fehlt ein roter Faden in der Unternehmenskommunikation. Zu oft wird der Werbestil, die Botschaft oder überhaupt das Erscheinungsbild gewechselt. Dabei ist der Wiedererkennungswert ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Customer Journey. Je öfter der Kunde mit dem Logo und den wichtigsten Erkennungsmerkmalen des Unternehmens in Kontakt kommt, desto eher bleibt dieses im Gedächtnis. Es hilft auch bei der Rückgewinnung ehemaliger Kunden, wenn das Unternehmen positiv in Erinnerung geblieben ist.
Eine weitere Herausforderung liegt in der Kombination von digitalem und analogem Marketing, auch bei der Customer Journey. Es gibt keine klaren Trends, in welcher Phase mit welchen Mitteln geworben werden sollte und wie der Kunde in der jeweiligen Phase am besten abgeholt werden kann. Wichtig aber auch hier der rote Faden, der sich durch beide Welten zieht und sich im Idealfall ergänzen.
Zahlreiche Studien belegen jedoch eindeutig, dass es heute kaum noch rein analoge oder digitale Customer Journeys gibt.
Für Martina* ist In diesem Zusammenhang wichtig zu wissen, dass entgegen der landläufigen Meinung immer noch über 85% der Einzelhandelsumsätze im stationären Handel getätigt werden, obwohl sich ein Grossteil dieser Kunden vor dem Kauf online informiert hat.

Best Practice
Nicht jede Phase einer Customer Journey muss gleich gut abgedeckt werden. Je nach Produkt und Investitionskosten sind unterschiedliche Phasen für die Kaufentscheidung ausschlaggebend. Die Bewerbung der verschiedenen Phasen kann gut auf die verschiedenen Jahreszeiten verteilt werden. Beispielsweise sollten Serviceangebote vor allem in der Nebensaison beworben werden, während die Kaufentscheidung vor allem in der Hauptsaison forciert werden sollte.
Um eine möglichst erfolgreiche Customer Journey zu gestalten, helfen vor allem die Rückmeldungen von Kunden. Fragen Sie Ihre Kundinnen und Kunden, wie sie zu Ihnen gekommen sind, was ihnen gefallen hat, was besser sein könnte, warum sie sich für Ihr Angebot entschieden haben etc. Der persönliche Kundenkontakt und die Möglichkeit, mit dem Kunden zu interagieren und daraus einen Nutzen zu ziehen sind grosse Vorteile des Endverkaufsgärtners gegenüber dem Grosshandel.
Die Customer Journey ist kein starrer Ansatz, sondern sollte immer wieder an neue Bedürfnisse und Marktgegebenheiten angepasst werden und unter anderem auch die Frage beantworten, warum der Kunde bei Ihnen einkaufen soll. Gerade in der heutigen Zeit, in der ein riesiges Angebot in kurzer Zeit abrufbar und vergleichbar ist, ist es wichtig, die Unterschiede herauszuarbeiten. Warum soll der Kunde die Geranien bei Martina kaufen oder die Gartenpflege von Markus machen lassen?
Im nächsten Teil, beleuchten wir die verschiedenen analogen Marketingmöglichkeiten.

*Markus hat einen gut gehenden Gartenbau-Betrieb mit 20 Mitarbeitern. Er ist vor allem im Privatsektor tätig, macht vorwiegend hochwertige Umänderun¬gen und Pflegearbeiten. Die Auftragsbücher sind meistens Monate im Voraus voll. Daher stellt sich Markus die Frage, warum soll er für Marketing Geld ausgeben, wenn es ja sowieso läuft. 

*Martina führt einen kleinen Endverkaufsbetrieb an guter Lage mit eigener Pflanzenproduktion, vorwie¬gend Saisonflor, Kräuter und Gemüse. Sie konnte lange auf eine treue Stammkundschaft zählen, merkt aber langsam, dass die Kundschaft immer älter wird und eher abnimmt. Martina fragt sich, wie sie mit ihrem kleinen Marketingbudget mehr Kunden gewinnen kann.

 

Autor:
Key Account
Bernhard Schmid besitzt einen Abschluss als Gartenbau Ingenieur FH und einen Bachelor Abschluss in Marketing. Er arbeitet seit über 20 Jahren in der Grünen Branche in unterschiedlichen (Marketing) Positionen. Unter anderem war er Geschäftsführer eines grossen Gartencenters und leitete für einen Unternehmerverband eine Abteilung. Heute profitieren die Kunden bei der Media Concept Group von diesen langjährigen Erfahrungen und er teilt sein Wissen auf diesem Blog.

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